Victory Ikea

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England 2019, Tag 9

Im Pilgrim Inn gibt es zum Frühstück echte Croissants aus Blätterteig. Hätte ich nördlich des Kanals gar nicht mehr erwartet. Das Toastbrot ist so groß, dass man es nach einer Minute umdrehen muss. Der Frühstücksraum befindet sich in dem gleichen antiken Pub, in dem wir abends essen gehen. Alte schwarze Balken lassen mich den Kopf einziehen. Ein Motiv, dass sich durch den Tag ziehen wird.

Nach dem Frühstück geht es nach Süden, nach Portsmouth. Was Southampton für die zivile Schifffahrt ist, ist Portsmouth für die britische Kriegsmarine. In diesem Hafen befindet sich der Hauptstützpunkt der englischen Navy. Hier befindet sich auch ein großer Museumskomplex, in dem mehrere alte Segelschiffe und U-Boote ausgestellt werden. Der Eintritt ist mit etwa 40 Pfund recht teuer, dafür wird aber auch viel geboten. Und oft stehen hilfreiche, teils sogar verkleidete Museumsangestellte und beantworten sachkundig alle Fragen die wir haben.

Wir beginnen unseren Rundgang auf der HMS Warrior, dem ersten britischen Kriegsschiff mit Eisenrumpf und Dampfmaschine. Es hat trotzdem drei Masten und sieht von außen wie ein reines, wenn auch recht großes Segelschiff aus. Es ist auch das einzige der Segelschiffe, dass noch im Wasser ist. Das Schiff hat zwar nur ein einzelnes Deck mit Kanonen, dafür hat es bei einer Länge von 128m trotzdem Platz für 40 davon. Gebaut wurde sie mitte des 19. Jahrhunderts als Antwort auf ein ähnliches Schiff Frankreichs.

Das Wetter ist warm und trocken. Die Ureinwohner dieser Insel würden es vermutlich schon als heiß bezeichnen. Uns reicht es um unsere Jacken im Auto zu lassen. Es gibt mal mehr, mal weniger Wolken am Himmel, die helfen, die Fotos nicht zu langweilig aussehen zu lassen.

Unsere zweite Station ist für mich eines der Highlights unserer Englandreise. Nelson Flagschiff in der Schlacht von Trafalgar gegen Napoleons Flotte, die Victory. Auch wenn sie von vielen Stützen gehalten in einem speziellen Trockendock liegt und zur Zeit sogar die oberen Teile der Masten fehlen, ist sie offiziell immer noch ein aktives Schiff (commissioned). Vermutlich um den Titel „oldest commissioned ship of the world“ tragen zu dürfen. Mit einer Länge von „nur“ 57 Metern hat sie trotzdem Platz für 104 Kanonen. Die verteilen sich über drei Decks.

Jetzt wo ich davor stehe, wirkt sie größer als ich es erwartet habe. Es gibt einen Audioguide, der uns an vielen Stationen, die einzelnen Teile des Schiffs erklärt und auch den Verlauf der Schlacht von Trafalgar am 21 Oktober 1805 erläutert. Der Rundgang geht über alle Decks (mindestens fünf) verläuft und der durch geschickte Absperrungen so durch das Schiff mäandert, als würde man durch Ikea laufen. Die Victory ist 1765 vom Stapel gelaufen und hatte, als Nelson sie 1803 als Admiral übernahm hatte die Victory schon in fast 40 Jahren an vier größeren Schlachten teilgenommen.

Die unteren Decks sind dunkel, eng und haben eine sehr niedrige Decke. Nirgendwo auf diesem Schiff unter Deck mehr als 10 Meter gehen ohne den Kopf einzuziehen, aber auf den unteren Decks kann ich eigentlich nur noch gebückt gehen. Und stoße mir trotzdem hier und da mal den Kopf. Peter spart sich vernünftigerweise diese Decks und entspannt sich ein wenig an Land.

Ich hatte mir eigentlich gar nicht so viel von dem Besuch bei der Victory versprochen und bin positiv überrascht. Zum Abschluss machen wir noch eine Hafenrundfahrt. Hier können wir mehrere moderne britische Zerstörer sehen, darunter die HMS Dragon, ein spanisches Passagierschiff wird betankt um die Rückreise antreten zu können und wir sehen eine Fähre, die gerade von der Isle of Wight zurückkehrt. Dazu gibt es einen interessanten Kommentar vom Kapitän, der auch gleichzeitig das Rundfahrtboot steuert.

Es gibt noch eine Menge mehr zu sehen, aber wir haben für einen Tag schon genug gesehen. Also geht es wieder etwa 45 Minuten zurück zu unserem reetgeckten Hotel im Südwesten von Southampton.