Das Zentrum der Welt

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England 2019, Tag 12

In dieser Nacht bekomme ich sehr wenig Schlaf, da mein Zimmer, möglicherweise als einziges in dem Hotel, zum Biergarten hinausgeht, und in hier ganz offensichtlich ein Volksfest stattfindet. Laute Stimmen und laute Musik, bei der die einzelnen Title immer nur 10 bis 20 Sekunden angespielt und dann gewechselt werden. Es gibt auch keine Sperrstunde, das ganze ist erst halb zwölf zu Ende. Erstaunlich wie rücksichtslos manche Menschen sein können. Danach hindert mich dann meine Erkältung daran erholsamen Schlaf zu finden. Immer wieder wache ich mit wirren Gedanken auf. Immerhin sollte das morgen vorbei sein.

Dafür ist das Frühstück ausgezeichnet. Wenn man englische Maßstäbe anlegt. In Deutschland, Österreich oder der Schweiz wäre es immer noch nur OK. Danach brechen wir dann auf, um uns die Kathedrale von Canterbury anzusehen. Auf unserem Weg dahin kommen wir durch zwei alte Stadttore, die im Mittelalter an der Stelle der alten römischen Mauer und Toren erbaut wurden. Die Kathedrale ist für hiesige Verhältnisse groß, wirkt aber wie aus mehreren unabhängigen Teilen zusammengesetzt. Mag daran liegen, dass diese Teile zu verschiedenen Zeiten erbaut wurden. Diese Kathedrale ist der Sitz des Bischofs von Canterbury, dem „Papst“ der anglikanischen Kirche. Und so deuten manche Schilder darauf hin, dass die Engländer dies als das religöse Zentrum der Welt halten. Dass diese Kirche mindestens teilweise von französischen Baumeistern erbaut wurde, erfahre wir eher hinter vorgehaltener Hand. Wir nehmen uns leider nicht die Zeit für einen Audioguide, aber hier stehen an allen wichtigen Punkten Freiwillige, die freundlich und mit Sachverstand unsere Fragen beantworten.

Nach einer kleinen Stärkung geht es weiter zum römischen Museum. Das ist recht klein und primär auf Kinder ausgerechnet und findet sich im Keller eines Hauses in einer der Seitenstraßen des Städtchens. Es erklärt durchaus gut gemacht die römischen Wurzeln von Canterbury, die hier einen Knotenpunkt zwischen Dover und London aufgebaut hatten. Leider ist davon entweder nicht viel übrig geblieben oder wird nicht mit der gleichen Akribie ausgegraben, wie etwa in Köln. Eines der Schilder erklärt die ersten Versuche Cäsars auf englischem Bode Fuß zu fassen. Die Gallier und Germanen auf dem „Kontinent“ werden nur in einem Halbsatz erwähnt. Ich kann nicht sagen, ob die Autoren nicht wussten das Cäsar „De Bello Gallico“ geschrieben hat, oder ob es sie nicht interessiert hat. Die Briten scheinen immer noch zu glauben, dass sie das Zentrum der Welt sind.

Abends gehen wir zum ersten Mal in diesem Urlaub Indisch essen. Hätten wir viel früher und öfter machen sollen. Meine Hypothese über das umgekehrt proportionale Verhältnis zwischen Qualität des Essens un Anzahl der Schriften in der Speisekarte wird wieder einmal bestätigt. Wenige Fonts und dafür leckeres Essen.

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