Kanarische Inseln 2016, Tag 1, Applaus

This entry is part 1 of 20 in the series Kanarische Inseln 2016

Ich beginne meinen Jahresurlaub so spät wie nie zuvor. Das Jahr ist schon fast vorüber. Vorher war aber leider keine Zeit.  Jetzt sind aber die Demos, auf die wir die letzten Monate hingearbeitet haben, vorbei.  Außerdem ist in meinem Bad vor kurzem ein Rohr geplatzt.  Dieses und die anderen alten Bleirohre müssen ersetzt werden.  Da trifft es sich gut, dass ich jetzt drei Wochen flüchten kann und den Krach und Schmntz nicht erleben muss.

Mein Ziel sind drei der kanarischen Inseln, wo ich, so hoffe ich, doch noch ein bisschen wandern kann. Eigentlich wollte ich ja im September in die Alpen.  Es geht um sieben Uhr am Morgen los. Durch die Zeitumstellung habe ich aber doch eine etwas längere Nacht als ursprünglich
befürchtet. Noch einer halben Stunde Flugzeit sind wir „in“ Köln. Nach etwas mehr als einer Stunde „in“ Paris.   Lissabon nach zweieinhalb.  Europe in a day.

Meine Flug wird etwa fünf Stunden dauern und in Las Palmas auf Gran Canaria enden. Danach per Bus zur Fähre im Norden der Insel, per Fähre nach Teneriffa, Bus oder Taxi zum Flugplatz, Auto abholen und zum Hotel. Mal schauen ob das alles so klappt.

Gestern Abend habe ich noch einen neuen Platz für meinen Reiseblog gemietet. Der alte ist nach einem fehlgeschlagenen Update nicht mehr benutzbar. Da ich den aber sowieso kündigen wollte, habe ich mir nicht viel Mühe bei der Fehlersuche gegeben. Auch hier hoffe ich, dass das klappen wird und ich heute Abend meinen ersten Tagesbericht hochladen kann.

Ich bin mittlerweile auf Gran Canaria angekommen. Der Flug war ereignislos, was ja immer eine gute Sache ist. Nach der Landung gibt es Applaus, hauptsächlich von der rechten Seite des Flugzeugs. Ich
bin nicht sicher warum (warum überhaupt Applaus und warum von der rechten Seite).   Gehören Landungen, im Gegensatz zu einem warmen Essen, nicht zu den grundlegenden (und selbst verständigen) Dingen eines Fluges?  Ich denke auch, dass ich das Durchschnittsalter im Flugzeug gesenkt habe, und das heißt mittlerweile ja schon was.

Das Wetter ist (hoch-)sommerlich warm.   Oder, als Hamburger sollte ich wohl sagen, heiß.  29 Grad Celsius. Ich hoffe, dass ich mich daran gewöhnen kann.  Jetzt warte ich auf den Bus zur Fähre. Es gibt, was meine Internetrecherchen nicht gefunden haben, einen Expressbus nach Santa Katalina. Dort fährt die Fähre nach Teneriffa ab. Die Strecke an der Ostküste Richtung Norden kann man nicht als schön beschreiben. Selbst dann nicht, wenn man sehr wohlwollend ist. Aber trotzdem ist es eine der beeindruckendsten Busfahrten, die ich je gemacht habe.  Die Gegend ist nicht so sehr eine Mondlandschaft, sondern mehr wie ein nicht erschlossenes Baugrundstück.  Viele Steine und Geröll, wenige Sträucher. Da sind Verkehrsinseln mit Kakteen auf schwarzem Vulkanschotter. Es gibt Tomaten(?)felder, die in weiße Planen eingehüllt sind und wie eine Kreuzung aus Christo und Marssiedlung aussehen. Die Dörfer mit ihren
kleinen, erdfarbenen Kästen sehen aus wie in einem Film über den Irakkrieg. Die werden ja häufig in einem etwas sichereren Land in Nordafrika gedreht.  Raffinerien mit Palmenrabatten.  Kunstwerke zwischen Autobahn und Sandstrand, die irgenwie sowjetisch aussehen. Ich bedaure, dass ich keine vernünftigen Fotos machen kann.

Nur wenige Stunden später bin ich auf dem Vulkan, ich meine an Bord des Vulkans … der Vulcan de Tamadaba, der Autofähre nach Teneriffa.   Ich frage mich mittlerweile, ob ich statt des Rollkoffers nicht doch besser meinen großen Rucksack hätte nehmen sollen.  Auf die Fähre führen mehrere Treppen mit unterschiedlichen Winkeln der Stufen.  Die Wege auf dem Dock haben eine Struktur, die wie eine Rollkoffer Teststrecke wirkt.

An Bord erfahre ich, dass es kein Gepäckabteil gibt. Die „Sicherheitshinweise“ sagen, dass ich den Koffer keinen Augenblick aus den Augen lassen darf und dass ich damit keinen Sitz blockieren soll. Nicht wirklich einfach, das zu befolgen. Interessant ist auch die Aufforderung, nicht auf den Sitzen zu essen. Um die Sitze zu schonen. Dabei sehen die so aus, als ob sie gebaut worden währen als die 50er Fahrstuhlmusik komponiert wurde, die durch das Innere des Schiffes hallt. Hat aber trotzdem und vielleicht auch gerade dessen
seinen Charm. Die Fähre ist sehr groß, und es ist nur ein Bruchteil der Sitze belegt.  So denke ich, dass ich eine der Regeln brechen werde und das Schiff ohne Koffer erkunde und ein paar Fotos mache.

Ich habe noch nie ein so schlecht gepflegtes Schiff gesehen. Rost, gammelig aussehende Seile, Handläufe die ich nicht ein zweites Mal anfassen möchte. Vielleicht bin ich aber auch nur verwöhnt, nachdem ich in der letzen Zeit nur mit deutschen und norwegischen Schiffen gefahren bin. Kurz nach der Abfahrt wird auch ein Spielfilm gezeigt.  Auf jedem Bildschirm des Schiffes.  Das erste, dass mir durch den Kopf geht, ist die Frage, ob Filme auf Schiffen ähnlich ausgesucht und bearbeitet werden, wie in Flugzeugen. (Vorhin im Flugzeug gab es zwar keine Monitore, aber die Möglichkeit, über das Bordeigene WLAN, Filme zu streamen. Habe allerdings keine Verbindung bekommen).  In diesem Film würde ich also keine Schiffsuntergänge erwarten.

Wir fahren aus dem Hafen von Las Palmas, vorbei an vielen Schiffen und viellerlei Schiffstypen.  Da sind auch mehrere Bohrplatformen dabei.  Ob das die Überbleibsel von den Probebohrungen in diesem Gebiet sind,
von denen ich vorhin im Reiseführer gelesen habe? Ist auf jedenfalls ein eindrucksvoller aber auch merkwürdiger Anblick, nicht eine, sondern drei oder vier dieser Platformen nebeneinander zu sehen.

Da alle Monitore immer noch den gleichen Film zeigen, gibt es leider keine Information über Kurs oder Position der Fähre.  Also muss ich nach
den Sternen navigieren, dem einen, großen, der zu sehen ist.  Ich schließe auf einen westlichen Kurs, was prima passt. Habe wohl die richtige Fähre erwischt.  Dies ist meine erste Atlantiküberquerung (naja, fast, naja, anderthalb Stunden lang).  Bin mal gespannt, wann ich den höchsten Berg Spaniens sehen kann, der im weitesten Sinne mein heutiges Ziel ist, da mein Hotel auf dessen Hang liegt.

Ich habe zwar nur eine Zeitzonengrenze und eine Sommer-zu-Winterzeit Umstellung mitgemacht. Habe aber wenig geschlafen und fühle mich wohl deswegen so, als ob ich deutlich weiter westlich gefahren und gefolgen währe.  Trotzdem bin ich froh, die Reise von Gran Canaria nach Teneriffa nicht mit dem Flugzeug gemacht zu haben. Das wäre zwar deutlich
schneller und bequemer gewesen.  Dann hätte es sich aber auch weniger wie eine Reise angefühlt.   Reisen ist mehr als einfach nur anzukommen.

Glücklicherweise ist das Meer spiegelglatt, für den Atlantik im (fast) November.  Irgendwann wird mir klar, dass wenn ich über das Heck zurück schaue, ich Afrika und die Sahara sehen müsste … wenn die Erde nicht rund und das Wetter nicht so diesig wäre.

Mittlerweile ist es Morgen am nächsten Tag.  Hatte keine Lust mehr auf Busfahren und bin per Taxi von der Fähre zum Fluhghafen,  wo ich dann mein Auto abgeholt habe.  Das hat leider keinen Navigator.  Hatte nicht daran gedacht, dass das im Jahre 2016 noch extra gefordert werden müsste.  Mein Mobiltelefon und Google Maps waren aber ein guter Ersatz.  Die amerikanische Stimme vom Beifahrersitz, auf den mein Handy nach der ersten Kurve gerutscht ist, haben mich ohne Probleme zum Hotel gebracht.  Das ist ein hübsches kleines Ding, in einem kleinen Dorf am Rande der Welt.

Es kann sein, daß die Speicherkarte meine Fotos dieses Tages nicht gespeichert hat.  Darum erst mal keine Fotos.