Da ich morgen schon wieder weiter Reise ist heute mein einziger ganzer Tag in Mailand. Die Nacht war wegen eines singenden und Gitarre spielenden Nachbarn etwas kürzer als ich es mir gewünscht hätte. Trotzdem bin ich im Vergleich zu gestern ausgeschlafen. Ich fahre zuerst zum Hauptbahnhof um ein paar Bilder zu machen.
Dann geht es zum Duomo, dem Mailänder Dom. Als ich ankomme, ist eine Feier der Polizei im Gange. Es scheint hier mehr Sorten Polizei als in anderen Ländern Sorten Käse zu geben. Es gibt Reden von Männern in Unformen, die direkt aus einer Oper zu stammen scheinen (die Uniformen). Man kann den Dom dennoch besichtigen. Doch dazu komme ich nicht. Wenn man eine Eintrittskarte kaufen möchte, kann man sich entweder in eine Schlange für vier Automaten stellen. Oder kann eine Marke ziehen und warten bis es aufgerufen wird. Beides dauert angeblich etwa gleich lang. Also nehme ich eine Marke und nutze die, angebliche halbe Stunde, um den Dom von außen zu fotografieren. Als ich wieder da bin, ist meine Nummer schon vorbei. Also stelle ich mich für die Automaten an. Das geht viel schneller. Nach wenigen Minuten bin ich dran. Allerdings wird meine Kreditkarte ohne Angabe eines Grundes abgewiesen. Da niemand da ist, der Helfen könnte und der Automat kein Bargeld nimmt, entscheide ich mich, den Besuch des Doms zu überspringen.
Man darf drinnen sowieso keine Fotos machen. Und wie sich noch herausstellen wird, ist das eine gute Entscheidung. Denn andernfalls währe für meine anderen Ziele nicht genug Zeit geblieben.
Ich gehe zuerst zum benachbarten Museo del Novocento, dem Museum 900. Ein tolles Museum für moderne Kunst. Es gibt einen Raum mit internationalen Künstlern, der Rest ist Italienern vorbehalten. In diesem ersten Raum gibt es zwei Bilderpaare von Picasso und Braque. Das erste bilden zwei typische, kubistische Bilder. Das zweite aber besteht aus Bildern, die ich nie im Leben Picasso oder Braque zugeordnet hätte (siehe Bildergalerie). Auch von den italienischen Künstlern gibt es viele tolle Bilder und ich wundere mich warum ich deren Namen noch nie gehört habe.
Im obersten Stockwerk gibt es tolle Ausblicke auf die Stadt, inklusive Dom und die „Shopping-Mall“ gegenüber am Domplatz. Die Galleria Vittorio Emanuele aus dem 19. Jahrhundert, ist größer und prächtiger als jedes Einkaufszentrum das ich kenne. Schöne Mosaiken auf dem Boden, tolle Kuppeln bilden das Dach. Auf der anderen Seite finde ich die Mailänder Scala, die berühmte Oper der Stadt. Ein kurzer Rundgang zeigt, daß sie kleiner ist als erwartet und richtig alt wirkt. Vielleicht weil sie alt ist und immer noch als Oper genutzt wird und nicht nur eine Museum ist.
Danach gehe ich „querfeldein“ zur Festung der Stadt. Ich habe mittlerweile etwas Schwierigkeiten, die kleine Schrift der Karte zu lesen. Trotzdem finde ich das Castello Sfozesco. Auf den ersten Blick, und auch auf den zweiten wirkt es größer und wuchtiger als es möglich sein könnte. Vielleicht sind es die Proportionen, oder der Stil oder das es so plötzlich auftaucht, nachdem ich eine Viertelstunde durch kleine Gassen gegangen bin. Vielleicht ist es aber auch einfach sehr groß. Im inneren, sowohl der Innenhof als auch das innere der Gebäude, wirkt es dagegen überhaupt nicht wuchtig sonder ganz im Gegenteil, sehr luftig und leicht (wie eine Schokoriegel). Ich kaufe ein Ticket für all Museen. Zu diesem Zeitpunkt glaube ich noch, das es ein kleines Museum gibt, das ein paar ausgegrabene Steine zeigt und dann vielleicht hier und dort noch ein paar kleine Räume mit Bettpfannen oder Kanonen.
Nach dem fünften Raum lese ich nicht mehr jede Beschreibung, nach dem zehnten schaue ich mir nicht mehr jedes Objekt an, nach dem zwanzigsten bleibe ich kaum noch stehen und bevor ich Raum dreißig erreiche, gehe ich nur durch die Räume ohne langsamer zu werden. Das alles liegt aber nicht daran, daß die Räume langweilig währen. Oder die Steine, Gobelins, Rüstungen, Statuen, Bilder, Vasen, Musikinstrument oder das Geschirr. Es gibt nur einfach viel zu viel von allem. Das ist wie im Vatikanischen Museum, vielleicht ein Hektar weniger, dafür aber besser ausgesucht. Es vielen Räumen sind schon allein die prachtvollen Decken beeindruckend.
In dieser Festung, die auch ein Schloß ist, wird mir klar, wie viel Reichtum es damals in Mailand gegeben haben muß, der es erlaubt hat, eine solche Festung zubauen, in der es so viele große und großzügige und prächtige Räume gibt. Die Festungen, und selbst die Schlösser, die ich bisher gesehen habe, haben vielleicht einen großen Raum. Sonst nur Kammern oder Gänge. Hier gibt es unzählige repräsentative Räume. Und dabei habe ich die Küchen und Mannschaftsquartiere und Munitionsdepots, die es in einer Festung ja auch noch geben muß, noch gar nicht gesehen.
Abschließend kann ich sagen, daß Mailand eine Reise wert ist. Und eine, die mehrere Tage lang sein sollte. Allein schon für den Bahnhof, das Museum 900 und die Festung.